Globaler Verhaltenskodex der WHO
für die internationale Anwerbung von Gesundheitsfachkräften

 

Präambel

Die Mitgliedstaaten der Weltgesundheitsorganisation (WHO):

– eingedenk der Resolution WHA57.19, in der die Weltgesundheitsversammlung die Generaldirektorin beauftragte, im Benehmen mit allen maßgeblichen Partnern einen freiwilligen Verhaltenskodex für die internationale Anwerbung von Gesundheitsfachkräften auszuarbeiten;

– in Beantwortung der Aufforderung der Kampala-Erklärung, die auf dem Ersten Globalen Forum für Arbeitskräfte im Gesundheitswesen (Kampala, 2. – 7. März 2008) verabschiedet wurde, sowie der G8-Kommuniqués aus den Jahren 2008 und 2009, in denen die WHO ermutigt wird, die Ausarbeitung und Verabschiedung eines Verhaltenskodex zu beschleunigen;

– im Bewusstsein des weltweiten Mangels an Gesundheitsfachkräften und in Anerkenntnis der Tatsache, dass ein angemessener und verfügbarer Personalbestand im Gesundheitswesen grundlegend für ein integratives und leistungsfähiges Gesundheitswesen und die Erbringung von Gesundheitsleistungen ist;

– in tiefer Sorge darüber, dass der gravierende Mangel an Gesundheitsfachkräften, einschließlich jener mit hohem Bildungs- und Ausbildungsstand, in vielen Mitgliedstaaten eine wesentliche Bedrohung für die Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens darstellt und die Fähigkeit dieser Länder, die Millenniums-Entwicklungsziele sowie sonstige international vereinbarte Entwicklungsziele zu erreichen, untergräbt;

– unter nachdrücklichem Hinweis darauf, dass der globale WHO-Verhaltenskodex für die internationale Anwerbung von Gesundheitsfachkräften einen wesentlichen Bestandteil einer bilateralen, nationalen, regionalen und globalen Reaktion auf die Herausforderung der Migration dieser Arbeitskräfte und für die Stärkung der Gesundheitswesen darstellen soll;

AUS DIESEM GRUNDE:

Einigen sich die Mitgliedstaaten hiermit auf die folgenden Artikel, die als Handlungsgrundlage empfohlen werden.


Artikel 1 – Ziele
Dieser Kodex hat zum Ziel:

(1) unter Berücksichtigung der Rechte, Verpflichtungen und Erwartungen der Herkunfts- und Zielländer sowie der abwandernden Gesundheitsfachkräfte, freiwillige Grundsätze und Praktiken für eine ethische internationale Anwerbung von Gesundheitsfachkräften festzulegen und zu fördern;

(2) als Bezugsdokument zu dienen, das Mitgliedstaaten bei der Schaffung oder Verbesserung des für die internationale Anwerbung von Gesundheitsfachkräften erforderlichen gesetzlichen und institutionellen Rahmens unterstützt;

(3) eine Richtschnur vorzugeben, die gegebenenfalls für die Formulierung und Umsetzung bilateraler Verträge und anderer internationaler Rechtsinstrumente herangezogen werden kann;

(4) den internationalen Gedankenaustausch zu erleichtern und zu fördern sowie die Zusammenarbeit in Angelegenheiten voranzutreiben, die mit einer ethischen internationalen Anwerbung von Gesundheitsfachkräften als einem Element zur Stärkung der Gesundheitssysteme in Zusammenhang stehen, wobei ein besonderer Schwerpunkt der Lage in Entwicklungsländern gilt.

 

Artikel 2 – Wesen und Geltungsbereich

2.1 Dieser Kodex ist freiwillig. Mitgliedstaaten und andere Interessengruppen sind ausdrücklich dazu aufgerufen, den Kodex zu befolgen.

2.2 Der Kodex ist auf einen globalen Geltungsbereich ausgelegt und soll als Richtschnur für Mitgliedstaaten bei der Zusammenarbeit mit den Interessengruppen dienen, wie Gesundheitsfachkräften, Personalanwerbern, Arbeitgebern, Berufsorganisationen der Beschäftigten im Gesundheitswesen, relevanten subregionalen, regionalen und globalen Organisationen, ob im öffentlichen oder privaten Sektor, einschließlich nichtstaatlicher Organisationen, sowie auch für alle Personen, die mit der internationalen Anwerbung von Gesundheitsfachkräften befasst sind.

2.3 Die ethischen Grundsätze des Kodex sind auf die internationale Anwerbung von Gesundheitsfachkräften in einer Weise anwendbar, die die Gesundheitssysteme in Entwicklungsländern, Schwellenländern und kleinen Inselstaaten stärkt.

 

Artikel 3 – Leitsätze

3.1 Die Gesundheit aller Menschen ist grundlegend für die Verwirklichung von Frieden und Sicherheit und ist abhängig von der umfassendsten Zusammenarbeit zwischen Einzelpersonen und Staaten. Den Regierungen obliegt die Verantwortung für die Gesundheit ihrer Völker, die nur durch die Schaffung ausreichender gesundheitlicher und sozialer Maßnahmen erfüllt werden kann. Die Mitgliedstaaten sollten den Kodex berücksichtigen, wenn sie ihre nationale Gesundheitspolitik ausarbeiten, und gegebenenfalls zusammenarbeiten.

3.2 Zum Schutz der Weltgesundheit ist es von entscheidender Bedeutung, sich dem Problem des derzeit bestehenden und auch zukünftig zu erwartendem Mangel an Gesundheitsfachkräften zu stellen. Die internationale Migration von Gesundheitsfachkräften kann einen sinnvollen Beitrag zum Ausbau und zur Stärkung von Gesundheitssystemen leisten, sofern die Anwerbung korrekt erfolgt. Dabei sind jedoch die Festlegung freiwilliger internationaler Grundsätze und die Koordinierung nationaler politischer Ansätze bei der internationalen Anwerbung von Gesundheitsfachkräften wünschenswert, um Rahmenwerke für eine gerechte Stärkung von Gesundheitssystemen weltweit voranzubringen, die negativen Auswirkungen der Migration von Gesundheitsfachkräften auf die Gesundheitssysteme in Entwicklungsländern abzuschwächen und die Rechte der Gesundheitsfachkräfte zu schützen.

3.3 Die speziellen Bedürfnisse und Besonderheiten der einzelnen Länder, insbesondere von Entwicklungs- und Schwellenländern, die besonders durch einen Mangel an Gesundheitsfachkräften gefährdet sind bzw. nur begrenzt über Kapazitäten zur Umsetzung der Empfehlungen dieses Kodex verfügen, sollten berücksichtigt werden. Entwickelte Länder sollten in größtmöglichem Umfang technische und finanzielle Hilfe für Entwicklungs- und Schwellenländer leisten, mit der die Gesundheitssysteme und auch die Personalentwicklung im Gesundheitswesen gestärkt werden sollen.

3.4 Die Mitgliedstaaten sollten das Recht der Bevölkerung von Herkunftsländern auf die Erreichung des bestmöglichen Gesundheitsstandards, das Recht der einzelnen Gesundheitsfachkräfte, jedes Land gemäß den geltenden Gesetzen zu verlassen, berücksichtigen, um die negativen Auswirkungen der Migration auf die Gesundheitssysteme der Herkunftsländer abzuschwächen und deren positive Auswirkungen zu maximieren. Nichts in diesem Kodex ist jedoch so auszulegen, als schränke es die Rechte von Gesundheitsfachkräften ein, im Einklang mit dem geltenden Gesetz in Länder einzuwandern, die sie aufzunehmen und ihnen Arbeit zu geben wünschen.

3.5 Die internationale Anwerbung von Gesundheitsfachkräften sollte im Einklang mit den Grundsätzen der Transparenz, Gerechtigkeit und Förderung der Nachhaltigkeit von Gesundheitssystemen in Entwicklungsländern erfolgen. Die Mitgliedstaaten sollten unter Einhaltung ihrer nationalen Gesetzgebung und der geltenden internationalen Rechtsinstrumente, deren Mitunterzeichner sie sind, faire Arbeitspraktiken für alle Gesundheitsfachkräfte fördern und respektieren. Es sollten bei keinem der Aspekte der Beschäftigung und Behandlung von zugewanderten Gesundheitsfachkräften rechtswidrige Unterschiede gemacht werden.

3.6 Die Mitgliedstaaten sollten sich soweit wie möglich bemühen, einen nachhaltigen Personalbestand im Gesundheitswesen aufzubauen und dort auf eine wirksame Personalplanung sowie Strategien zur Aus – und Weiterbildung und zum Erhalt des Personalbestands hinzuarbeiten, wodurch sich ihr Bedarf an einer Anwerbung zuwandernder Gesundheitsfachkräfte verringert. Die Programme und Maßnahmen zur Stärkung des Personalbestands im Gesundheitswesen sollten den spezifischen Gegebenheiten des jeweiligen Landes entsprechen und in nationale Entwicklungsprogramme integriert sein.

3.7 Eine effektive nationale und internationale Datensammlung und Forschung sowie der Austausch von Informationen über die internationale Anwerbung von Gesundheitsfachkräften sind für die Erreichung der Ziele dieses Kodex unerlässlich.

3.8 Die Mitgliedstaaten sollten eine zirkuläre Migration der Gesundheitsfachkräfte ermöglichen, so dass erworbene Kenntnisse und Fertigkeiten sowohl den Herkunfts- als auch den Zielländern zugutekommen.

 

Artikel 4 – Verantwortlichkeiten, Rechte und Anwerbepraktiken

4.1 Gesundheitsfachkräfte, Berufsorganisationen der Beschäftigten im Gesundheitswesen, Berufskammern sowie Personalanwerber sollten sich bemühen, umfassend mit den Regulierungsstellen sowie nationalen und lokalen Behörden im Interesse der Patienten, Gesundheitssysteme und der Gesellschaft im Allgemeinen zusammenzuarbeiten.

4.2 Personalanwerber und Arbeitgeber sollten sich in größtmöglichem Umfang der besonderen gesetzlichen Verantwortung der Gesundheitsfachkräfte gegenüber dem Gesundheitswesen ihres Heimatlandes (z.B. in Form eines fairen und angemessenen Arbeitsvertrages) bewusst sein und diese berücksichtigen und nicht versuchen, diese Personen anzuwerben. Die Gesundheitsfachkräfte sollten in Bezug auf etwaige vertragliche Verpflichtungen offen sein und diese nicht verheimlichen.

4.3 Die Mitgliedstaaten und andere Interessengruppen sollten anerkennen, dass ethisch vertretbare Praktiken bei der internationalen Anwerbung den Gesundheitsfachkräften die Möglichkeit bieten, die Vorzüge und Risiken in Zusammenhang mit angebotenen Arbeitsstellen abzuwägen und ihre Entscheidungen rechtzeitig und mit ausreichendem Kenntnisstand zu treffen.

4.4 Die Mitgliedstaaten sollten im größtmöglichen Maße und im Einklang mit dem geltenden Recht gewährleisten, dass Personalanwerber und Arbeitgeber bei der Beschäftigung zugewanderter Gesundheitsfachkräfte faire und angemessene Anwerbungs- und Vertragspraktiken anwenden und dass zugewanderten Gesundheitsfachkräften kein illegales oder betrügerisches Verhalten widerfährt. Zugewanderte Gesundheitsfachkräfte sollten auf der Grundlage objektiver Kriterien wie dem Qualifikationsniveau, der Berufserfahrung und des Grads der beruflichen Verantwortung eingestellt, befördert und bezahlt werden und genauso behandelt werden, wie im Land ausgebildete Arbeitskräfte. Personalanwerber und Arbeitgeber sollten den zugewanderten Gesundheitsfachkräften relevante und zutreffende Informationen über jede ihnen angebotene Arbeitsstelle im Gesundheitsbereich zur Verfügung stellen.

4.5 Die Mitgliedstaaten sollten gewährleisten, dass nach Maßgabe geltenden Rechts, einschließlich maßgeblicher internationaler Rechtsinstrumente, deren Mitunterzeichner sie sind, zugewanderte Gesundheitsfachkräfte bezüglich sämtlicher Anstellungs- und Arbeitsbedingungen dieselben Rechte und Verantwortlichkeiten besitzen wie im Inland geschulte Gesundheitsfachkräfte.

4.6 Die Mitgliedstaaten und sonstige Interessengruppen sollten Maßnahmen ergreifen um sicherzustellen, dass zugewanderte Gesundheitsfachkräfte auf der Grundlage der Gleichbehandlung mit im Inland ausgebildeten Gesundheitsfachkräften in den Genuss von Möglichkeiten und Anreizen zum Ausbau ihrer beruflichen Ausbildung, Qualifikationen sowie Karriere kommen. Alle zugewanderten Gesundheitsfachkräfte sollten Angebote über angemessene Einführungs- und Orientierungsprogramme erhalten, die es ihnen ermöglichen, innerhalb des Gesundheitssystems des Ziellandes sicher und effektiv zu arbeiten.

4.7 Personalanwerber und Arbeitgeber sollten verstehen, dass der Kodex in gleichem Maße für befristet wie für unbefristet eingestellte Fachkräfte gilt.

 

Artikel 5 – Entwicklung des Personalbestands im Gesundheitswesen und Nachhaltigkeit der Gesundheitssysteme

5.1 Gemäß dem Leitsatz nach Artikel 3 dieses Kodex sollten sowohl den Gesundheitssystemen der Herkunftsländer als auch denen der Zielländer aus der internationalen Migration von Gesundheitsfachkräften Vorteile entstehen. Zielländer werden ermutigt, mit den Herkunftsländern zusammenzuarbeiten, um die Entwicklung und Schulung des Personalbestands je nach Bedarf aufrecht zu erhalten bzw. zu fördern. Die Mitgliedstaaten sollten die aktive Anwerbung von Gesundheitsfachkräften aus Entwicklungsländern mit einem entsprechenden Personalnotstand unterbinden.

5.2 Die Mitgliedstaaten sollten diesen Kodex als Orientierungshilfe bei bilateralen, und/oder regionalen und/oder multilateralen Vereinbarungen verwenden, um die internationale Zusammenarbeit und Abstimmung bei der internationalen Anwerbung von Gesundheitsfachkräften zu fördern. Bei solchen Vereinbarungen sollten durch die Schaffung entsprechender Maßnahmen die Bedürfnisse von Entwicklungs- und Schwellenländern berücksichtigt werden. Derartige Maßnahmen beinhalten beispielsweise die Bereitstellung von effektiver und geeigneter technischer Hilfe, Unterstützung bei der Bindung der Gesundheitsfachkräfte ans Heimatland, die soziale und berufliche Anerkennung dieser Fachkräfte, Unterstützung für eine Ausbildung in Herkunftsländern, die dem Krankheitsprofil solcher Länder entspricht, Partnerschaften zwischen Gesundheitseinrichtungen, Unterstützung bei der Kapazitätsbildung für die Entwicklung geeigneter Regulierungsrahmen, Weiterbildungsmöglichkeiten, Transfer von Technologie und Fachwissen sowie Unterstützung bei der vorübergehenden oder dauerhaften Rückkehr ins Heimatland.

5.3 Die Mitgliedstaaten sollten den Wert anerkennen, den ein internationaler Austausch von Fachkräften sowie Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten im Ausland sowohl für ihre Gesundheitssysteme als auch für die Gesundheitsfachkräfte selbst mit sich bringt. Die Mitgliedstaaten, seien sie nun Herkunfts- oder Zielländer, sollten Gesundheitsfachkräfte dazu ermutigen und darin unterstützen, die im Ausland erworbene Berufserfahrung zum Nutzen ihres Heimatlandes einzusetzen.

5.4 Da der Personalbestand im Gesundheitswesen von zentraler Bedeutung für ein nachhaltiges Gesundheitssystem ist, sollten die Mitgliedstaaten wirksame Maßnahmen treffen, um einen Bestand an Gesundheitsfachkräften auszubilden, an das Heimatland zu binden und aufrechtzuerhalten, der den spezifischen Gegebenheiten des jeweiligen Landes und auch den dringlichsten Bedürfnissen entspricht und der auf einer evidenzbasierten Planung des entsprechenden Personalbestands aufbaut. Alle Mitgliedstaaten sollten sich bemühen, soweit möglich ihren Personalbedarf im Gesundheitswesen mit ihren eigenen Arbeitskräften zu decken.

5.5 Die Mitgliedstaaten sollten einen Ausbau der Ausbildungseinrichtungen in Erwägung ziehen, um die Ausbildung von Gesundheitsfachkräften aufzuwerten und innovative Lehrpläne für den Umgang mit aktuellen Gesundheitsbedürfnissen auszuarbeiten. Die Mitgliedstaaten sollten Schritte unternehmen, um zu gewährleisten, dass eine geeignete Ausbildung sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor erfolgt.

5.6 Die Mitgliedstaaten sollten die Verabschiedung und Umsetzung effektiver Maßnahmen in Erwägung ziehen, die auf die Stärkung der Gesundheitssysteme, die kontinuierliche Kontrolle des Arbeitsmarkts im Gesundheitsbereich und auf die Koordinierung zwischen allen Beteiligten abzielen, um einen nachhaltigen Personalbestand im Gesundheitswesen aufzubauen und zu erhalten, der den Bedürfnissen ihrer Bevölkerung entspricht. Die Mitgliedstaaten sollten einen sektorübergreifenden Ansatz wählen, um diesen Gesichtspunkten in nationalen Gesundheits- und Entwicklungsprogrammen Rechnung zu tragen.

5.7 Die Mitgliedstaaten sollten die Verabschiedung von Maßnahmen zur Bewältigung der geographischen Fehlverteilung von Gesundheitsfachkräften und zur Förderung des Erhalts von Arbeitskräften in unterversorgten Gebieten in Erwägung ziehen, beispielsweise durch den Einsatz von Schulungsmaßnahmen, finanziellen Anreizen, ordnungspolitischen Maßnahmen sowie durch soziale und berufliche Unterstützung.

 

Artikel 6 – Datensammlung und Forschung

6.1 Die Mitgliedstaaten sollten anerkennen, dass die Formulierung effektiver Maßnahmen und Pläne für die Fachkräfte im Gesundheitswesen einen soliden und gesicherten Faktenbestand voraussetzt.

6.2 Die Mitgliedstaaten werden ermutigt, unter Berücksichtigung der Besonderheiten nationaler Gesundheitssysteme Informationssysteme für Gesundheitsfachkräfte zu schaffen bzw. zu stärken und zu pflegen, die auch über die Zu- und Abwanderung von Gesundheitsfachkräften sowie deren Auswirkung auf die Gesundheitssysteme Auskunft geben. Die Mitgliedstaaten werden ermutigt, Daten zu sammeln, zu analysieren und in wirksame Programme und eine effektive Planung für die Fachkräfte im Gesundheitswesen umzusetzen.

6.3 Die Mitgliedstaaten werden ermutigt, Forschungsprogramme auf dem Gebiet der Migration von Gesundheitsfachkräften aufzulegen bzw. auszubauen und derartige Forschungsprogramme durch Partnerschaften auf nationaler, subnationaler, regionaler wie auf internationaler Ebene zu koordinieren.

6.4 Die WHO wird ermutigt, in Zusammenarbeit mit maßgeblichen internationalen Organisationen und Mitgliedstaaten soweit wie möglich sicherzustellen, dass gemäß Artikel. 6.2 und 6.3 vergleichbare und verlässliche Daten zum Zweck der kontinuierlichen Kontrolle, Analyse und Programmformulierung erstellt und gesammelt werden.

 

Artikel 7 – Informationsaustausch

7.1 Die Mitgliedstaaten werden ermutigt, in angemessener Weise und nach Maßgabe ihres nationalen Rechts, die Einführung oder Stärkung des Austauschs von Informationen über die internationale Migration von Gesundheitsfachkräften und über Gesundheitssysteme durch staatliche Stellen, akademische und forschungsbezogene Einrichtungen, Berufsorganisationen von Beschäftigten im Gesundheitswesen sowie subregionale, regionale und internationale Organisationen unter staatlicher wie nichtstaatlicher Führung auf nationaler wie internationaler Ebene zu fördern.

7.2 Um den Informationsaustausch im Sinne dieses Kodex zu fördern und zu erleichtern, sollte jeder Mitgliedstaat im größtmöglichen Maße:

a) schrittweise eine aktualisierte Datenbank mit Gesetzen und Vorschriften in Zusammenhang mit der Anwerbung und Migration von Gesundheitsfachkräften und gegebenenfalls mit Informationen über deren Umsetzung erstellen und pflegen

b) schrittweise aktualisierte Daten aus Informationssystemen über Gesundheitsfachkräfte gemäß Artikel 6.2 erstellen und pflegen

c) und die gemäß Buchstaben (a) und (b) gesammelten Daten alle drei Jahre dem WHO-Sekretariat übermitteln, wobei zunächst innerhalb von zwei Jahren nach Verabschiedung des Kodex durch die Weltgesundheitsversammlung ein erster Datenbericht weiterzuleiten ist.

7.3 Zum Zweck der internationalen Kommunikation sollte jeder Mitgliedstaat gegebenenfalls eine nationale Behörde benennen, die für den Informationsaustausch in Zusammenhang mit der Migration von Gesundheitskräften und der Umsetzung des Kodex zuständig ist. Mitgliedstaaten, die eine solche Behörde benennen, sollten die WHO darüber in Kenntnis setzen. Die benannte nationale Behörde sollte die Befugnis besitzen, direkt oder nach Maßgabe des nationalen Rechts oder nationaler Vorschriften mit den benannten nationalen Behörden anderer Mitgliedstaaten und mit dem WHO-Sekretariat und anderen befassten regionalen und internationalen Organisationen zu kommunizieren und dem WHO-Sekretariat Berichte und sonstige Informationen gemäß Artikel 7.2 (c) und Artikel 9.1 vorzulegen.

7.4 Die WHO sollte ein Verzeichnis der gemäß Artikel 7.3 benannten nationalen Behörden anlegen, pflegen und herausgeben.

 

Artikel 8 – Umsetzung des Kodex

8.1 Die Mitgliedstaaten werden ermutigt, den Kodex in Zusammenarbeit mit allen Interessengruppen nach Artikel 2.2 und gemäß nationaler und subnationaler Zuständigkeiten bekannt zu machen und umzusetzen.

8.2 Die Mitgliedstaaten werden ermutigt, den Kodex in geltende Gesetze und Programme zu integrieren.

8.3 Die Mitgliedstaaten werden ermutigt, gegebenenfalls alle Interessengruppen nach Artikel 2.2 bei Entscheidungsprozessen hinzuzuziehen und diese auch an anderweitigen Aktivitäten in Zusammenhang mit der internationalen Anwerbung von Gesundheitsfachkräften zu beteiligen.

8.4 Alle Interessengruppen nach Artikel 2.2 sollten sich bemühen, einzeln und gemeinsam die Ziele dieses Kodex zu verwirklichen. Alle Interessengruppen sollten diesen Kodex befolgen, unabhängig davon, in welchem Umfang andere hierzu in der Lage sind. Personalanwerber und Arbeitgeber sollten bei der Befolgung des Kodex umfassend zusammenarbeiten und die in ihm zum Ausdruck gebrachten Leitsätze befördern, unabhängig von der Fähigkeit eines Mitgliedstaats, ihn umzusetzen.

8.5 Die Mitgliedstaaten sollten soweit wie möglich und entsprechend ihrer juristischen Zuständigkeiten mit den maßgeblichen Interessengruppen zusammenarbeiten, wenn es darum geht, Aufzeichnungen über alle von den zuständigen Behörden zugelassene Personalanwerber, die innerhalb ihrer Gerichtsbarkeit tätig sind, zu unterhalten und diese in regelmäßigen Abständen zu aktualisieren.

8.6 Die Mitgliedstaaten sollten soweit wie möglich gute Praktiken bei Personalagenturen begünstigen und fördern, indem nur diejenigen Agenturen beauftragt werden, die die im Kodex festgeschriebenen Leitsätze befolgen.

8.7 Die Mitgliedstaaten werden ermutigt, das Ausmaß der aktiven internationalen Anwerbung von Gesundheitsfachkräften aus den Ländern, bei denen ein Notstand an Gesundheitsfachkräften besteht, zu verfolgen und zu beurteilen und den Umfang sowie die Auswirkung zirkulärer Migration zu bewerten.

 

Artikel 9 – Überwachung und institutionelle Vereinbarungen

9.1 Die Mitgliedstaaten sollten regelmäßig über die getroffenen Maßnahmen, die erzielten Resultate, die aufgetretenen Schwierigkeiten und die daraus gezogenen Lehren in einem einzigen Bericht in Verbindung mit den Bestimmungen von Artikel 7.2(c) informieren.

9.2 Die Generaldirektorin prüft die Umsetzung dieses Kodex anhand regelmäßiger Berichte seitens der benannten nationalen Behörden gemäß Artikel 7.3 und 9.1 sowie aus anderen fachkundigen Quellen und erstattet der Weltgesundheitsversammlung regelmäßig über die Wirksamkeit des Kodex im Hinblick auf das Erreichen der gesteckten Ziele sowie Verbesserungsvorschläge Bericht. Dieser Bericht wird in Verbindung mit Artikel 7.2(c) vorgelegt.

9.3 Die Generaldirektorin:

a) unterstützt das System zum Informationsaustausch und das Netzwerk der gemäß Artikel 7 benannten nationalen Behörden;

b) erstellt Leitlinien und unterbreitet Empfehlungen für Praktiken und Verfahren sowie für die gemeinsamen Programme und Maßnahmen, die im Kodex genannt werden;

c) und unterhält Verbindungen zu den Vereinten Nationen, der Internationalen Arbeitsorganisation, der Internationalen Organisation für Migration und anderen zuständigen regionalen und internationalen Organisationen sowie betroffenen Nichtregierungsorganisationen, um die Umsetzung des Kodex zu unterstützen.

9.4 Das WHO-Sekretariat kann Berichte von Interessengruppen nach Artikel 2.2 zu Aktivitäten hinsichtlich der Umsetzung des Kodex berücksichtigen.

9.5 Die Weltgesundheitsversammlung sollte regelmäßig die Relevanz und Wirksamkeit des Kodex überprüfen. Der Kodex sollte als dynamischer Text aufgefasst werden, der den jeweiligen Erfordernissen entsprechend zu aktualisieren ist.

 

Artikel 10 – Partnerschaften, technische Zusammenarbeit und finanzielle Unterstützung

10.1 Mitgliedstaaten und andere Interessengruppen sollten unmittelbar oder über zuständige internationale Gremien zusammenarbeiten, um ihre Fähigkeit zur Verwirklichung der im Kodex genannten Ziele zu stärken.

10.2 Internationale Organisationen, internationale Geberorganisationen, Finanz- und Entwicklungseinrichtungen sowie sonstige relevante Organisationen werden ermutigt, ihre technische und finanzielle Unterstützung als Mithilfe zur Umsetzung dieses Kodex zu leisten und die Stärkung von Gesundheitssystemen in Entwicklungs- und Schwellenländern zu unterstützen, die einen kritischen Mangel an Gesundheitsfachkräften verzeichnen bzw. nur über eine eingeschränkte Kapazität zur Verwirklichung der Ziele dieses Kodex verfügen. Solche Organisationen und andere Stellen sollten ermutigt werden, mit Ländern zusammenzuarbeiten, die einen kritischen Mangel an Gesundheitsfachkräften verzeichnen, und sich verpflichten sicherzustellen, dass für krankheitsspezifische Maßnahmen bereitgestellte Mittel zur Stärkung der Kapazitäten des Gesundheitssystems, einschließlich der Entwicklung des Gesundheitspersonals, eingesetzt werden.

10.3 Die Mitgliedstaaten sollten ermutigt werden, entweder im Alleingang oder über ihre Vereinbarungen mit nationalen und regionalen Organisationen, Geberorganisationen und sonstigen maßgeblichen Gremien, technische Hilfe sowie finanzielle Unterstützung an Entwicklungs- oder Schwellenländer zu leisten, um die Kapazitäten deren Gesundheitssysteme, einschließlich der Entwicklung des Gesundheitspersonals, zu stärken.

 

63. Weltgesundheitsversammlung, Achte Plenarsitzung, 21. Mai 2010
A63/VR/8